Kunstquartier Bethanien, Studio 1

Freitag 11.11., 20.00 Uhr – Videodokumentation

Man in the Box

ensemble mosaik & Roberto Maqueda

© Roberto Maqueda
© Roberto Maqueda

Programm

  • Manuel Rodríguez Valenzuela
    <29>(2014-18)
    for ensemble and video
  • Manuel Rodríguez Valenzuela
    time. cage(2020/21)
    instrumental theater multimedia for solo percussion player, ensemble, video and electronics
  • Interview
    Manuel Rodríguez Valenzuela und Roberto Maqueda im Gespräch mit Leonie Reineke

ensemble mosaik

Daniel Agi – Flöte | Simon Strasser – Oboe | Christian Vogel – Klarinette | Martin Losert – Saxophon | Roland Neffe – Schlagzeug | Ernst Surberg – Klavier | Adrian Pereyra – E-Gitarre | Ruben Mattia Santorsa – E-Gitarre | Chatschatur Kanajan – Violine | Karen Lorenz – Viola | Mathis Mayr, Niklas Seidl – Cello | Arne Vierck – Klangregie
Leitung: Enno Poppe
Roberto Maqueda – Schlagzeug solo


Ein Abend des instrumentalen Theaters mit Werken des spanischen Komponisten Manuel Rodríguez Valenzuela (*1980). Im Zentrum steht time. cage, das 2020/21 für das ensemble mosaik entstand. Wie in einem Käfig sitzt der Solo-Schlagzeuger Roberto Maqueda in einem kleinen Raum. Durch den Klang seiner verstärkten Instrumente nimmt er aus seinem Eingeschlossensein heraus Kontakt zu den anderen Musiker:innen auf, tritt mit ihnen in einen Dialog. Dahinter steht auch die Frage von dem Bedürfnis nach Kommunikation im Zustand der Isolation. Zugleich geht es um Fragen der Zeitwahrnehmung, dem Kontrast zwischen Hochgeschwindigkeit und sehr langsamer Bewegung. Wie kann das menschliche Gehirn mit der Menge an Informationen und der Geschwindigkeit von digitalen Technologien umgehen?

Das zweite Werk <29> (2014–18) ist wie ein Mosaik aus verschiedenen Ideen. Es zeigt in seinen drei Teilen unterschiedliche Aspekte und Perioden aus dem Schaffen des Komponisten. Dennoch gibt es ein verbindendes Element: Das vielschichtige und einfache Thema Mensch versus Maschine mit allen Übergängen und Widersprüchen.

Manuel Rodríguez Valenzuela schreibt zu seinen Stücken:

<29>
<29> hat 3 Teile, die jeweils in verschiedenen Jahren geschrieben (und gespielt) wurden (1. Teil 2014, 2. Teil 2018 und 3. Teil 2016). Es wurde ursprünglich für das CrossingLines Ensemble geschrieben, aber später habe ich das Stück ein wenig an die Besetzung von ensemble mosaik angepasst und den ursprünglichen Posaunenpart durch ein Cello ersetzt. Die ursprüngliche Idee für den Videopart war, die Live-Performance des Pianisten und des Disklaviers auf zwei verschiedenen Bildschirmen zu zeigen (nur die Keyboards), und so ist es auch für den ersten Teil. Für die nächsten Teile beschloss ich später, neue visuelle Ideen zu entwickeln, so dass das Video in jedem Teil eine ganz andere Beziehung zur Musik hat. <29> ist wie ein Mosaik aus verschiedenen Ideen, das verschiedene Aspekte (und Perioden!) meiner Musik zeigt, aber es gibt ein gemeinsames Element in allen, eine vielschichtige, aber einfache Idee von Mensch gegen Maschine, und verschiedene Übergänge und Widersprüche zwischen ihnen.

.cage
Mir gefiel die Idee, den Solo-Schlagzeuger in einem kleinen Raum voller verstärkter Instrumente einzusperren. Mit Instrumenten, die ich selbst gebaut und entworfen habe. Zunächst war es eine praktische Entscheidung, denn ein geschlossener Raum würde den natürlichen Klang der Instrumente weitestgehend aufhalten und somit nicht mit deren Verstärkung und Effekten mischen. Aber dann wurde mir klar, dass die Einhausung des Solisten viel mehr mit dem Bedürfnis nach Kommunikation unter dem Gesichtspunkt der Isolation zu tun hat. Dazu stellte ich mir einen Vogel vor, der aus seinem Vogelkäfig heraus mit anderen Vögeln singt. Jeder Satz dieses „Käfig“-Teils ist einzelnen Musiker:innen gewidmet, so als ob der Solist mit jedem von ihnen einen Dialog führen würde. Es scheint, dass Vögel aus „Eitelkeit“ singen, um anderen Vögeln fit und gesund zu erscheinen …

time.
In den letzten Jahren wurden die Zeit und ihre Wahrnehmung zu einem wichtigen Thema in meinem Leben. Ich machte die Erfahrung eines plötzlichen Kontrasts zwischen Hochgeschwindigkeit und sehr langsamer Bewegung, und seither scheint sich meine Musik auf diesen Kontrast zu konzentrieren. Es sieht so aus, als ob unsere Gehirne uns auf unterschiedliche Weise austricksen, um mit der Menge an Informationen umzugehen, die die Technologie in unser tägliches Leben bringt. Einige Forscher:innen glauben, dass unser Hunger nach Zeit und Informationen unsere Gehirne so verändern könnte, dass wir in Zukunft verschiedene Zeitebenen gleichzeitig wahrnehmen werden. In diesem Teil konzentriere ich mich dann auf die Wahrnehmung von Zeit in unserer Hochgeschwindigkeitsgesellschaft, aber auch aus dem Kontext der Isolation. Dafür habe ich Audio- und Videomaterial von den Musiker:innen aufgenommen, die ein Arrangement eines alten Jazz-Songs spielen. Mit diesem Material „komponiere“ bzw. bearbeite ich kurze Stücke, die verschiedene Zeiteffekte (Zeitlupe, schneller Vorlauf und Rücklauf, Wiederholungen und so weiter) benutzen.
(Manuel Rodríguez Valenzuela)



Vor dem Konzert ist im Studio 1 ab 19.30 Uhr die Installation Ursuppe von Sophia Schönborn, Justin Robinson und Simon Stimberg zu sehen und zu hören.